Vor einigen Tagen fand rund um Kitzbühel die 26. Alpenrallye statt. Wir waren nicht nur vor Ort, sondern sind auch einen Tag mitgefahren.
Ein freies Wochenende, schönes Wetter, ein grandioses Alpenpanorama und dazu jede Menge schöner Oldtimer. Das ist eine Kombination, der man nur schwer widerstehen kann. Die Alpenrallye gehört schon lange zu den großen Oldtimer-Veranstaltungen in Europa. Selbst aus den USA reisen die Teilnehmer an, um ein Wochenende lang ihre historischen Fahrzeuge durch die Berge zu prügeln. Dieses Jahr hatten die Organisatoren allerdings große Sorgen. Die galt nicht eventuell liegen gebliebenen Fahrzeugen, sondern dem Wetter. Bekanntermaßen hatte es in den Tagen zuvor im Alpenraum heftig geregnet. Ganze Ortschaften wurden überflutet, mehrere Straßen wurden einfach weggespült. Die Rallyestrecke musste daher mehrfach geändert werden, ganze Teile konnten einfach nicht befahren werden. Dass es den Organisatoren am Ende dennoch gelang, eine anspruchsvolle und spannende Fahrroute zu finden, freute nicht nur die Teilnehmer, sondern auch viele Zuschauer am Rande der Strecke. Erwähnenswert: Die Teilnehmer und die Sponsoren spendeten den Flutopfern eine sechsstellige Summe.
Ein Besuch bei einer Oldtimer-Veranstaltung macht einen zumeist erst einmal etwas sprachlos. Da sind einfach zu viele wunderschöne und seltene Autos, die man auf einen Haufen sehen kann. Schön ist, dass die Parkplätze in Kitzbühel und an allen Zwischenstationen offen waren. Die Zuschauer können zwischen den Wagen flanieren und viele Fahrer beantworten geduldig interessierte Fragen. Und was für Autos man sehen kann!
Da ist zum Beispiel der extrem seltene Facel Vega FV3. Die französische Marke gab es als Hersteller zwischen 1954 und 1964 und in dieser Zeit stellte man nur ein paar Hundert Wagen her. Die Luxusautos waren für die damalige Zeit unfassbar teuer, was die geringen Stückzahlen auch erklärt. Unter der Haube arbeitet ein V8 aus dem Hause Chevrolet, der dem Wagen einen schönen bollernden Sound verpasst. Und natürlich etwas durstig ist, besonders, wenn es den Berg hoch geht. In Deutschland fahren vielleicht noch drei Autos über die Straßen, der Rest steht in Museen und abgemeldet in Garagen. Der Wagen hielt die Rallye auch gut durch, ganz im Gegensatz zu manch anderen Fahrzeugen. Dazu kamen Bentley aus den 30er Jahren, teilweise in bemerkenswert gutem Zustand, die von ihren Besitzern im wahrsten Sinne des Wortes über die Landstraßen geprügelt wurden. Die Vorbeifahrt eines Bentley gleicht einer Urgewalt, der man für ein paar Sekunden ausgesetzt ist. Nicht weniger imposant waren die Mercedes 300 SL, die alten Ferrari und der seltene Porsche 904 Carrera, der nach meinem Geschmack den besten Sound hatte.
Ebenfalls vor Ort war ein extrem seltener Lamborghini 350 GT. Der erste jemals von Lamborghini hergestellte Wagen hat einen 12-Zylinder, der aus heutiger Sicht bescheidene 280 PS leistet. Dafür beschleunigt der Wagen dank nur 1200 kg Leergewicht in unter 7 Sekunden auf 100 km/h und erreicht ca. 250 km/h. Der Lamborghini hatte wohl auch das ausgefallenste Servicefahrzeug dabei, für den Fall, dass mal was defekt ist. Ein Experte von Lamborghini selbst fuhr die gesamte Zeit in einem Gallardo hinter dem roten Schmuckstück her. Kein Wunder, vom 350 GT wurden gerade mal 120 Stück gebaut, wie viele davon noch unterwegs sind, ist selbst Lamborghini nicht bekannt. Man rechnet damit, dass ein Wagen noch in irgendwelchen Sammlungen steht, auf der Straße sieht man ihn jedenfalls nicht mehr.
Aber ich war ja nicht nur zum Spaß da. Volkswagen Classic, die ein Sponsor der Rallye sind, hatte ebenfalls einige seltene Fahrzeuge am Start. Da war zum Beispiel der VW Käfer „Mille Miglia“, Baujahr 1956 und von VW liebevoll aufgebaut und getunt. Die 75 PS sorgten für jede Menge Vortrieb und breites Grinsen bei den Fahrern. Noch etwas schneller war der VW Käfer „Theo Decker“. Vom ehemaligen VW-Tuner Decker selber aufgebaut, leistet der 2-Liter-Motor satte 135 PS. VW gibt den Topspeed mit „Na ja, so um 200 km/h“ an und ein Techniker berichtete von offenen Mündern anderer Autofahrer, wenn der Käfer auf der Autobahn bei Tempo 160 den Blinker setzt. Dazu kamen noch zwei wunderschöne Karmann Ghia, ein nachgebauter „Herbie“ Käfer, zwei Porsche 914, ein Buggy und ein VW Scirocco aus dem Jahr 1977.
Und genau in diesem Scirocco hatte ich die Gelegenheit, einen Tag an der Rallye teilzunehmen. Als Beifahrer, denn einer muss ja das Roadbook lesen (dazu gleich mehr). Auf dem Fahrersitz nahm der erfahrene Oldtimer-Pilot Kay MacKenneth Platz, der seit Jahren mit seiner Seite Classic Car TV eine feste Größe in der Oldtimer-Szene ist.
Der Scirocco LS war zwar 36 Jahre alt, hatte aber original nur 1500 km auf dem Tacho. Wie konnte denn so was passieren? Der Wagen ist ein Zufallsfund. Er stand bei Karmann in Osnabrück mehr oder weniger im Keller, und als VW den insolventen Hersteller komplett übernahm, fand man tatsächlich den unbenutzten Wagen. Ein Ölwechsel später und der Wagen wurde auf die Straße geschickt. Mit den 1500km war der Motor noch nicht so richtig eingefahren, dennoch machten die 75 PS richtig viel Spaß, wie ich bei einer eigenen kleinen Ausfahrt selber feststellen konnte. Die Beschleunigung ist gut, der Motor braucht, wie früher üblich, etwas mehr Drehzahlen, um lebendig zu werden. Aufpassen muss man dann beim Bremsen. Seit Jahren ist man gewohnt, dass die Bremsen bei einem modernen Auto selbst bei niedrigem Pedaldruck kräftig zupacken. Das ist bei älteren Autos natürlich nicht so. Will man stark abbremsen, muss man dann auch heftig aufs Pedal steigen. Die Straßenlage des Scirocco ist dann wieder als sehr modern zu bezeichnen. Neutral, wenig Untersteuern… so macht ein fast 40 Jahre altes Auto richtig Spaß. Kay MacKenneth war nach drei Tagen so begeistert, dass er schon mit einem Kauf liebäugelte.
Aber so eine Rallye will ja auch gefahren werden und damit man den rechten Weg nicht verlässt, gibt es das Roadbook, das mehr oder weniger genaue Angaben macht, wo und wann man abzubiegen hat. Meine Roadbook-Lesefähigkeiten waren zunächst etwas eingerostet, aber nach ein paar Kilometern ging es dann doch. Nicht ganz ohne Stolz darf ich dann auch vermelden, dass wir uns nicht einmal verfahren haben 😉
Zu einer Rallye gehören natürlich auch Abendveranstaltungen. Am zweiten Abend ging es auf die “Rübezahlalm” in Ellmau, die Hans-Joachim Stuck gehört. Die Aussicht ist atemberaubend, ebenso das Essen. Danach konnte man den Berg eigentlich bequem runterrollen, VW hatte aber netterweise Shuttles bereitgestellt, die die Rückfahrt etwas bequemer gestalteten. Stuck selbst fuhr die Rallye in einem privaten Golf I GTI mit und hatte sichtlich Spaß an der Sache.
Am Ende gab es viele Sieger in den unterschiedlichen Klassen, aber die meisten Fahrer genossen einfach die schönen Landstraßen und Aussichten. Die gesammelten Ergebnisse gibt es hier, ebenso eine Starterliste.
Es folgt nun eine große Galerie. Ich habe mich bemüht, in den Bildunterschriften das Fahrzeug nebst Baujahr aufzulisten. Viel Spaß dabei, ich hatte ihn bei der Alpenrallye auf jeden Fall.
(Ich musste wegen der vielen Bilder diese zu Flickr auslagern, WordPress mag es nicht, wenn man mehr als 50 Bilder anzeigen lassen will. Ein Klick auf ein Bild öffnet das Album auf Flickr. Das funktioniert leider nicht mit iPad/iPhone, weil die Slideshow in Flash ist. Für Mobilnutzer hier der Link zum Flickr-Album. Vielleicht finde ich noch eine andere Lösung.)
Hinweis: VW hat die Reise- und Hotelkosten übernommen und mir die Fahrt im Scirocco ermöglicht.
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