Ich hatte in den letzten Jahren das Glück, einige Supersportwagen teilweise ausgiebig fahren zu können, davon viele auf einer Rennstrecke. Ferrari F458, Audi R8 (mit V10 und V8), Porsche GTS, Lamborghini Gallardo, Mercedes SLS, Mercedes AMG C63 und noch ein paar andere, nicht ganz so potente Wagen. In der Reihe fehlte bisher der Nissan GT-R, von dem mir Kollegen immer wieder erstaunliches berichteten. Vor ein paar Tagen war ich in Silverstone, wo ich dann die Gelegenheit bekam, den Nissan GT-R endlich mal ausprobieren zu dürfen. Und das auch noch auf einer Rennstrecke.
Dabei handelte es sich zwar „nur“ um die Teststrecke von Stowe, die innerhalb der Silverstone-Strecke liegt, aber das reichte dann auch. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, einen solchen Wagen ohne Rücksicht auf die Strassenverkehrsordnung zu fahren? Die Strecke selber ist recht kurz, knapp 1 Meile, bietet aber mit einer sehr schnellen S-Kombination einer Haarnadel, zwei engen Kurven und einer sich öffnenden Haarnadel brauchbare Abwechslung.
Der GT-R in der Version, in der in Silverstone zur Verfügung stand, war noch das alte Modell, das „nur“ 530 PS leistet. Seit diesem Jahr gibt es eine Überarbeitung des GT-R, die dann 550 PS zur Verfügung stellt.
Die 530 PS reichen dann aber auch aus, um den Fahrer richtig zu beschäftigen. Der Vortrieb ist erwartungsgemäß atemberaubend. Aus dem Stand gibt es kaum Schlupf an den Reifen, der Allrad nebst Elektronik sorgt dafür, dass die Kraft gleichmäßig an den Asphalt weitergegeben wird. Der V6 ist giftig und hängt sehr gut am Gas, nur leider hört man davon im Innenraum recht wenig. So ab 4.500 U/min wird es etwas lauter, aber auch nicht so sehr, dass man sich nicht mehr verständigen kann. Schuld am eher schmalen akustischen Buffet sind die japanischen Abgas- und Lautstärkenormen. Die Zulieferindustrie soll da demnächst eine Antwort haben.
Die Ruhe im Inneren sollte einen aber nicht täuschen, der Nissan ist infernalisch schnell. Kurz vor dem Bremspunkt auf der nicht sonderlich langen Gerade standen im 5. Gang rund 120 Meilen auf dem Tacho. Die wollten dann vor einer 3ten-Gang Kurve eingebremst werden, was ebenfalls problemlos ging. Die Bremsen packen fest zu, die Verzögerung ist gut, auch wenn Cermaik-Scheiben hier vielleicht noch etwas mehr Biss bringen würden. Auf der Bremse ist der Wagen absolut stabil, das Heck, das logischerweise spürbar leichter wird, bleibt, wo es soll. Und das auch, wenn man bremsend in die Kurve einlenkt. Bedanken kann man sich dabei sicher auch beim Stabilitätsprogramm, das aber kaum spürbar eingreift.
Beim Einlenken zeigt sich der Wagen stabil und völlig neutral, auch beim Herausbeschleunigen nach dem Scheitelpunkt ändert sich das nicht. Nur zu viel Einsatz der 530 PS sorgen für leichtes Untersteuern, aber nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Selbst untrainierte Fahrer dürften mit dem GT-R kaum Probleme haben, wenn sie es denn mal krachen lassen wollen. Die vielen elektronischen Helfer sorgen da für Ruhe und lassen sich bekanntermaßen, je nachdem, wie mutig man sein möchte, auch abregeln.
Ich habe lange nicht mehr in einem Supersportwagen gesessen, und mich gleich derartig wohl gefühlt. Der 2011er Porsche 911 GTS war so ein Wagen, der Ferrari F458 sicher auch. Zwischen dem F458 und der Nissan liegen preislich und konzeptionell Welten und der Nissan hat da in meiner persönlichen Rangliste, die Nase vorn. Denn trotz aller Kompliziertheit der elektronischen Systeme, fühlt sich der Nissan lebendiger an. Gegenüber dem Porsche verliert der Nissan vor allem in B-Note, was den Sound angeht. In Sachen Fahrverhalten ist der Porsche etwas lebhafter und wirft, je nach Einstellung der Stabilitätsprogramme, auch mal gerne kurz das Heck gen Strassenrand. Der Nissan wirkt dagegen fast stoisch, man ist versucht immer weiter zu gehen um zu schauen, wann denn endlich Schluss ist. Und man wird dann davon überrascht, dass der Wagen immer noch Grip findet.
Natürlich tun sich all die Supersportwagen in der Spitze wenig. Der eine ist hier etwas schneller, der andere dort. Die Unterschiede in Sachen Preis sind dann schon etwas größer. Der aktuelle Nissan GT-R hat einen Basispreis von 92.400 Euro und liegt damit auf dem Niveau eines 911er.
Der Nissan GT-R hat mich nicht enttäuscht. Im Gegenteil, er ist noch ein Stück besser, als ich es erwartet habe. Leider gibt es den Wagen nicht als Dauertest-Kandidat, ich werde also sparen müssen 😉
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Disclaimer: Ich war auf Einladung von Nissan in Siverstone, dort im Rahmen der GT-Academy. Den Bericht dazu gibt es die Tage im Racingblog.
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4 Gedanken zu „Nissan GT-R: Was will man mehr?“
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