S 500

Testbericht: Neue Mercedes S-Klasse 2013

Die neue Mercedes S-Klasse soll das beste Auto der Welt sein, sagt Mercedes. Der Test zeigt, dass der Hersteller nicht falsch liegt.

Mercedes S 500Oscar Wilde meinte, dass ihn alles außer Luxus langweilen würde. Für Voltaire war Luxus eine hochnotwendige Sache. Da sitze ich in der neuen S-Klasse, die das Wort „Luxus“ in der Oberklasse neu definiert, wunderschöne Seen und Häuser rauschen an mir vorbei und da ist halt die Frage: „Ist das alles zu viel?“Jedes Fahrzeug aus dem Premium Mittelklassesegment bietet genug Luxus und Leistung, um damit die nächsten Jahre sehr bequem über die Straßen rollen zu können. Warum genau sollte man bis zu 160.000 Euro ausgeben, um eine neue S-Klasse zu fahren?

Der Gedanke ist eh hypothetisch, wenn überhaupt reicht es auch bei mir für eine A-Klasse. Gebraucht. Aber man darf ja mal träumen können, gerade wenn man eine Waldallee entlang schwebt und der Jazz die passende Untermalung liefert. Warum nicht mit dem Finger über die Ausstattungsliste fahren und wie ein 12jähriger Bub beim Punkt „Burmester 3D HighEnd Stereoanlage – 7899 Euro“ verzückt „Unbedingt!“ kreischen. Warum nicht ein Auto einfach haben wollen, weil es technologisch allen anderen Fahrzeugen überlegen ist?

Mercedes-Benz S-Klasse auf der Schwäbischen Alb 2013Und das ist die neue S-Klasse. Mercedes hat derartige viele technologische Feature (dazu folgt ein weiterer Bericht) in das Auto gepackt, dass man allein darüber ein Buch schreiben könnte. Distronic +, Nachtsichtgerät, Stereokamera, Pre-Safe mit Airbag im Gurt, autonomer Bremsassistent, autonomer Spurhalteassistent, 360 Grad Kameras, Tacho und Drehzahlmesser im schlierenfreien Display, Duftanlage mit Ionisierung, Massagesitze samt „Hotstone Massage“… und und und… Wenn ein gelangweilter Beifahrer mal alle Optionen im gut strukturiertem Onboard-Menü ausprobieren will, muss man schon eine ordentlich lange Strecke fahren.

Das Schöne an der S-Klasse ist aber, man sieht es ihr nicht an, dass sie voller hochkomplexer Gadgets steckt. Von außen sowieso nicht, denn den Designer ist es gelungen einen Wagen zu zeichnen, der fast etwas unscheinbar wirkt. Keine ausladenden Flächen, keine wuchtigen Linien. Steht der immerhin 5.50 Meter lange Wagen alleine vor einem, wirkt er fast kompakt. Statt auf extravagante Elemente zu setzen, hat man viel Liebe ins Detail gesteckt. Die neuen Rückleuchten sind ebenso eigenständig, wie unauffällig und sie runden das Bild des Wagens perfekt ab.

Mercedes S KlasseDer Eindruck setzt sich im Innenraum fort. Viele geschwungene Linien, zentral gesetzte Lüftungsdüsen, eine gut erreichbare Klimaanlage mit wenigen Schaltern. Das wirkt fast etwas nüchtern, aber zum Luxus gehört es eben auch, die Dinge einfach zu halten. Die Elektronik versieht ihren Dienst wie ein guter Butler, dessen Anwesenheit man nicht merkt. Schalter für die Steuerung all die Helfer, die den Luxus steuern, sind nicht zu sehen, sie verbergen sich im Menü, dass man auf dem massiven 31cm breiten Display aufrufen kann.

IMG_2501_SnapseedWenn man als Fahrgast aber ein wenig aufmerksam ist, bekommt man aber doch etwas mit. Und das liegt an der sensationellen Laufruhe, hinter der wiederum die „Magic Bodycontrol“ (5343 EUR) steckt. Der Name wirkt etwas, etwas hölzern, ein wenig nach einem dieser Produkte, die Shoppingkanäle anbieten. Das durch sie geformte Fahrgefühl ist allerdings alles andere als billig oder hölzern. Die Stereokamera scannt laufend die Straße und erkennt sie eine größere Bodenwelle, werden die Dämpfer der Luftfederung genauso eingestellt, dass man von der Bodenwelle nichts mitbekommt. Und ich meine wirklich nichts. Wo andere Fahrzeuge ihre Insassen die Straße spüren lassen, bleibt die S-Klasse so gelassen, wie ein britischer Gentleman.

Im S500 arbeitet vorne ein 4.7 Liter V8, der 455 PS leistet. Das ist schon sehr schön, und mittels Knopfdruck kann man das Fahrwerk in einen Sportmodus zwängen. Wenn man denn möchte, kann man das 7-Gang-Getriebe mittels Schaltwippen steuern. In 4.8 Sekunde wird man die S-Klasse auf Tempo 100 km/h bringen, in unter 20 Sekunden auf 200 km/h. Doch die Frage lautet: Wer will das? Eine kurze Umfrage unter den mitgereisten Kollegen brachte Folgendes zum Vorschein „Sportfahrwerk? Ja, kurz mal. Auf der Autobahn“. Oder „Zwischendurch“. Und keiner der Befragten hatte zu den Schaltwippen gegriffen, einer gab sich überrascht, dass da überhaupt welche seien. Gesehen hatte er die nicht.

IMAG0158Es ist die Kombination aus Motor, Technik und der Eigenschaft der Mercedes-Ingenieure dem Menschen in der S-Klasse das Gefühl zu geben, ganz da zu sein. Die S-Klasse ist ein Haus, das um einen herumgebaut ist, wo alles in Griffnähe ist, wo der Sitz auch nach sieben Stunden so bequem ist, dass ein Tankstopp eine unwillkommene Unterbrechung ist. Aber so oft muss man gar nicht tanken, selbst mit dem S500 nicht. Um mal kurz auf schnöde Zahlen zurückzukommen: Eine knapp 300 km lange Fahrt über Autobahnen, durch Städte und über Landstraßen ergab trotz ein paar Kickdowns beim Überholen einen Verbrauch von etwas mehr als zehn Litern. Eine mehr als ordentliche Leistung für einen V8, der 2 Tonnen durch die Landschaft schieben muss. Bei forcierter Fahrweise kann man die Verbrauchszahlen mit dem V8 sicher kräftig nach oben drücken. Aber während man in anderen Fahrzeugen nach Drehzahlen giert, bleibt man in der S-Klasse gelassen.

Was man will ist gleiten. Man will sein Smartphone mit der Anlage verbinden, man will seine Spotify-Playlist für ruhige Stunden anwerfen oder per Internet seinen Lieblings-Jazzsender hören. Und das ist der Luxus der S-Klasse. Nicht die Klapptische, nicht der Sitz hinten, den man fast wie in einer Businessklasse im Flugzeug flachstellen kann. Nicht die Beduftung oder die Massagesitze. Man will Chat Baker lauschen, während draußen die Seitenlinien an der Straße eine ungefähre Richtung vorgeben, die der Spurhalteassistent auch dann beachtet, wenn man mal einen Augenblick zu viel geträumt hat. Luxus – das ist nicht das Überflüssige, das Besondere, von dem Oscar Wilde und Voltaire gesprochen habe. Luxus ist alles vergessen zu können, sich mit seinem Auto auf lange Reise zu begeben, mal hier rechts, mal dort links abzubiegen, um Stunden später entspannt auszusteigen. Und das kann die S-Klasse perfekt, denn sie gibt einem die Zeit, etwas zu sehen, etwas zu erfahren. Und damit macht sie mehr, als man von einem Auto erwarten kann.

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5 Gedanken zu „Testbericht: Neue Mercedes S-Klasse 2013“

  1. Mercedes hin oder her, entweder man liebt ihn oder nicht. Früher habe ich immer einen Mercedes mit Opas und Hut auf der Ablage in Verbindung gebracht. Aber mittlerweile hat Mercedes viel für sein Image getan und die Autos sind einfach super.

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